EuGH erklärt die Mindest- und Höchstsätze der HOAI für europarechtswidrig



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Mehrwerte: Mit dem Schwerpunkt Real Estate bei MRH Trowe zählen tausende Architekten und Ingenieure zu unseren Mandanten. Aufgrund der tollen Resonanz zu unseren Fachartikeln zur Leistungsphase 0 sowie Vorwarnung zum Aus der HOAI möchten wir in der folgenden Abhandlung das aktuelle Urteil das EuGH aufgreifen, welches nun die HOAI für rechtswidrig erklärt hat. Hierfür sind wir dankbar aus unserem MRH Trowe Anwaltsnetzwerk den renommierten Real Estate- und Baurechtsexperten Dr. Pröbsting der Wirtschaftskanzlei Luther für eine Einschätzung gewonnen zu haben. Gerne beobachten wir für Sie die künftigen Entwicklungen und informieren Sie mit weiteren Veröffentlichungen zu dem Thema HOAI und künftiger Vergütungsentwicklungen im Bereich Architekten und Ingeneursdienstleistungen - Ihr Portal zur D&O-Versicherung.

Vorwort

Nun ist es also passiert: Was sich nach den Anträgen des Generalanwalts in dem Vertragsverletzungsverfahren der Europäischen Kommission gegen die Bundesrepublik Deutschland (mit Ungarn als Streithelferin) (AZ: C-377/17) bereits angedeutet hatte, ist nun rechtliche Realität geworden: Die verbindlichen Mindest- und Höchstsätze der HOAI und die Regelungen mit den Folgen im Falle der Unter- bzw. Überschreitung dieser Sätze verstoßen gegen Europarecht.

Die Bundesrepublik Deutschland hat stets argumentiert, dass die verbindlichen Mindestsätze, die der Architekt selbst dann nachträglich einfordern konnte, wenn er sich vorher mit dem Bauherrn auf eine niedrigere Vergütung vertraglich vereinbart hatte, zum Erhalt der Qualität der Architektur und der Baukultur geeignet und erforderlich seien. In Bezug auf die Höchstsätze wurde argumentiert, dass vor allem bei unerfahrenen Bauherren Kostenmissbrauch verhindert werden sollte.

Der EuGH ist nun der Argumentation des Generalanwalts inhaltlich teilweise und hinsichtlich des Ergebnisses vollständig gefolgt. Die Regelungen zu den verbindlichen Mindest- und Höchstsätzen verstoßen gegen die Dienstleistungsrichtlinie (RL 2006/123/EG), weil nämlich nicht hinreichend nachgewiesen bzw. ersichtlich ist, dass sie für die Erreichung der angegebenen Ziele geeignet und erforderlich wären.

HOAI rechtswidrig - was ist nun zu tun?

In der Praxis eröffnen sich damit zukünftig größere Spielräume für Bauherren und Architekten bei der Verhandlung über die Vergütung der Architektenleistungen.

Kaum ein Thema hat die Branche in 2018 so bewegt wie die Leistungsphase 0. Hier Geschäftsführern eine fachliche Einschätzung sowie Handlungshilfen zur Hand zu geben, war unser Gedanke, als wir Dr. Pröbsting um eine Einschätzung gebeten haben.

Leistungsphase 0: Folgen · Haftung · Lösungsansätze

Die Vereinbarung von Pauschalen wird (wohl weiter) zunehmen. Architekten werden sich nicht mehr auf die Mindestsatzunterschreitung berufen können, Streitigkeiten wegen Höchstsatzüberschreitungen hatten ohnehin nie eine große praktische Relevanz. Architekten werden gut beraten sein, sich auch Gedanken über alle solche Leistungen und ihre Vergütung zu machen, die außerhalb der vereinbarten Pauschale liegen (Nachtragsmanagement). In laufenden Rechtsstreitigkeiten hat das Urteil des EuGH ebenfalls durchschlagende Wirkung: Die nationalen Gerichte müssen das Urteil beachten und die Regelungen zu den verbindlichen Mindest- und Höchstsätzen unangewendet lassen. Manch einem Rechtsstreit wird dies einen neuen und überraschenden Dreh geben.

Wie der öffentliche Auftraggeber, der sich bislang bei der Vergabe von Architektenleistungen strikt an der HOAI orientiert, reagieren wird, bleibt abzuwarten. Gleiches gilt für die Frage, ob der deutsche Gesetzgeber einen Versuch unternehmen wird, die nun für europarechtswidrig erklärten Teile der HOAI durch eine Novellierung der HOAI zu „reparieren“.

Gerne behalten wir für Sie die Marktentwicklungen im Auge und werden Sie hierzu in regelmäßigen Abständen auf diesem Portal zur Geschäftsführerhaftung zu informieren.

 

Dr. Philipp Pröbsting

Über Dr. Philipp Pröbsting

Dr. Philipp Pröbsting berät zu allen Fragen des Bau- und Architektenrechts. Zu seinen Beratungsschwerpunkten zählen Projektberatung und Vertragsgestaltung sowie auch das Führen umfangreicher Bauprozesse. Dr. Pröbsting berät des Weiteren im Bereich des Immobilienrechts zu Transaktionen und zur Immobilienbewirtschaftung im Bestand. Er hat ein breites Erfahrungsspektrum bei der Betreuung von Großprojekten, aber auch als Prozessanwalt. Ein weiterer Beratungsschwerpunkt des Herrn Dr. Pröbsting liegt im Bereich des Urheberrechts und des gewerblichen Rechtsschutzes – hier vorrangig an der Schnittstelle zum Architektenrecht. 

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